Die 17 Kamele sind ein einzigartiges Rätsel: Eine Herausforderung logischen Denkens und menschlicher Kreativität.
Eine bizarre Frontstellung hat sich in den Stellungnahmen herausgebildet. Fast alle Analysten, die sich an die Deutung des Rätsels herangemacht haben, behaupten: „das Rätsel ist unlösbar, geht mathematisch nicht“. Eine ganz kleine Zahl von Deutern hält dagegen: „Und es geht doch“. Sie verweisen auf allgemeine Gründe, warum es gehen müsse. Eine konkrete Rätsellösung, wie sie mir vorschwebt, und die „auf den Cent“ aufgeht, habe ich bislang noch nicht gesehen.
Ein Streit, der nach einer breiten und offenen Diskussion von Menschen verlangt, die bereit sind, sich in hoch abstrakte Fragen einzuarbeiten.
Dabei dürfte nach meiner Überzeugung bald deutlich werden, dass die Lösung des Rätsels der 17 Kamele möglich ist:
- wenn 17 Kamele auf drei Söhne nicht ganzzahlig aufgeteilt werden können, unter der Bedingung „Kein Tier darf getötet werden“,
aber - 18 Kamele auf 4 Parteien (3 Söhne und den Verleiher des 18. Kamels) sehr wohl unter Einhaltung der Bedingung aufgeteilt werden können,
dann - ist der rationale Schluss: „es geht doch“. Der Rest ist Feinschliff.
Bei der Diskussion wird man feststellen, dass die Antworten über die Lösung des Rätsels hinausstrahlen: etwa in die Gebiete der Mathematik, der Philosophie und der Logik.
Was die Mathematik betrifft: Das Geschehen auf der Bühne der Erbteilung mit der Intervention des Derwischs beweist nach meiner Überzeugung unwiderlegbar, dass 17 Kamele auf 3 Erben unter Einhaltung der Bedingung des Vaters aufgeteilt werden können, „dass kein Tier getötet werden muss“. Damit zerbricht eine mathematische Gewissheit, dass Primzahlen ganzzahlig nicht teilbar sind. Der Grund: neben der nicht möglichen unmittelbaren Teilung, gibt es schon immer die Möglichkeit, die Primzahl mittelbar über eine höhere Nicht-Primzahl zu teilen, die brillante Entdeckung des Vaters (und natürlich des Schöpfers des Rätsels), die die Menschen bislang nicht zur Kenntnis nehmen: trotz des Beweises der 17 Kamele, eines Beweises, den auch die Betrachtung der kleinsten Bausteine (Quanten) des Rätsels liefert.
Was die Philosophie betrifft: Die Erkenntnis liegt hier tiefer und ist vielleicht wichtiger als der mathematische Gewinn an Erkenntnis. Es gibt Aufgaben, die – subjektiv oder objektiv — unlösbar sind und doch durch (manchmal geringfügige) Veränderungen lösbar gemacht werden können: eine hohe Kunst und Ausweis menschlicher Kreativität. Beispiel für die Auflösung einer subjektiven Unmöglichkeit einer Aufgabe ist die Erbteilung der 17 Kamele. Beispiel einer objektiven Unmöglichkeit ist die Lösung des Problems der „Stimmung“ oder „Temperatur“ in der Musik, für die die Menschheit seit Pythagoras über 2000 Jahre bis zum Ende des 17.Jahrhunderts gebraucht hat.
Was die Logik betrifft: das Rätsel der 17 Kamele führt zu einem Nachdenken über die kleinsten Bausteine unserer Zahlen. Was man von oben auf seine „Quanten“ zurückgeführt hat, kann man von unten her wieder in den früheren Zustand oder (durch Teilung oder Aufstockung) in einen anderen Zustand bringen. Eine „quantistische“ Betrachtung des Rätsels zeigt jedenfalls, wie die Lösung des Rätsels funktioniert.
Nochmals zurück zur Mathematik: Primzahlen spielen eine große Rolle bei den Verschlüsselungstechnologien. Kann es sein, dass die Sicht auf die mittelbare Teilbarkeit der Primzahlen auch hier Auswirkungen hat? Ich glaube: eher nicht. Aber wer weiß?
Man sieht, was für ein weites Feld des reinen Nachdenkens das Rätsel der 17 Kamele eröffnet. Es gibt nicht mehr viele solcher Freiflächen, nachdem die Wissenschaften sich fast aller Fragen bemächtigt haben. Es gibt aber offenbar noch wenige Fragen, über die kaum oder gar nicht nachgedacht worden ist. Hier kann man noch einfach „geradeaus denken“, ohne Bücher zu wälzen oder im Internet suchen zu müssen.
Ich würde mich freuen, wenn über die 17 Kamele und ihre „Tiefgänge“ eine rege — auch kritische — Diskussion zustande käme.

Geb. 23.6.1935, Jurist, Leitender Senatsrat a.D., bis Ende 1997 beim Senator für Finanzen des Landes Berlin, zuständig für Grundsatzfragen der Finanzpolitik.
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