Postscriptum

Das Rätsel der 17 Kamele – Das Dilemma des Vaters

Auf den ersten Blick hat der Vater die Erbteilung der 17 Kamele mit seiner Strategie elegant geplant. Er hat sowohl die Bedingung „kein Tier darf getötet werden” erfüllt, als auch seine Strategie vor
seinen Söhnen wirksam getarnt, um diese herauszufordern. Allerdings ist in der Geschichte des Rätsels nicht von einem dritten Ziel die Rede, das der Vater gewiss auch vor Augen gehabt hat und
das er grob verfehlt hat: Die Gerechtigkeit der Erbteilung.

Die Ziele im Einzelnen:

  • “Kein Tier darf getötet werden”
    Dieses Ziel konnte der Vater aufgrund seiner Strategie der mittelbaren Teilung der 17 über die 18, die eine ganzzahlige Teilung erlaubt, als erfüllt ansehen.
  • Das Tarnungsziel:
    “Die Erbteile dürfen die 18 nicht zeigen”
    Dieses Ziel war über die Teilung von 18 zwar erreichbar, hatte bei seiner Realisierung aber drastische Konsequenzen für die Erbquoten. Es zeigte sich: aus siebzehn Achtzehnteln (17/18 –
    den 17 Tieren des Vaters) drei Erbquoten ohne Achtzehntel zu bilden, dafür gibt es nur eine einzige Möglichkeit:
    1/2 + 1/3 + 1/9.
    Der Vater war also nicht frei bei der Festlegung der Erbquoten. Diese waren die zwangsläufige Folge der Tarnung.
  • Das Gerechtigkeitsziel:
    Die drei Erbquoten von 1/2 + 1/3 + 1/9 waren nicht gerecht, es sei denn, es wäre Zufall gewesen, für den die Rätselgeschichte allerdings keine Anhaltspunkte bietet.
    “Gerechte” Erbquoten hätten enger beieinander liegen müssen: wie 6/18 + 6/18 + 5/18 = 1/3 + 1/3 + 5/18, und nicht weit auseinander wie 1/2 + 1/3 + 1/9.
    Der Vater hat letztere aber selbst festgelegt, wenn auch gezwungen aufgrund seiner Tarnungstrategie.
    Er hat sich damit aber bewusst für die Tarnung und gegen die Gerechtigkeit entschieden. Das Rätsel will es so und funktioniert auch so: alles hat seinen Preis.

Leider hat der Vater das eigentliche Ziel der Tarnung nicht erreicht: er wollte seine Söhne nur herausfordern und nicht enterben. Sie sollten aus eigener Kraft den Lösungsweg – die mittelbare Teilung über die 18 – erkennen. Sie erkannten diesen aber nicht. Mangels Erfüllung der Bedingung (“Kein Tier darf getötet werden”) hätten sie das Erbe nicht antreten können, wenn der Derwisch nicht
erschienen wäre.
Auf diese Weise ist die Erbschaft mit Glück, aber nicht gerecht, doch noch über die Bühne gegangen.

Das bedeutet aber: ohne den Derwisch wäre der Vater mit seiner Strategie total gescheitert, und zwar aus zwei Gründen:

  • er hat die Klugheit seiner Söhne überschätzt,
  • seine Tarnungsstrategie war überzogen und tödlich für die Gerechtigkeit.

Es stellt sich die Frage, ob der Vater diesem Dilemma hätte entgehen können. Hierzu einige Gedanken:
Der Vater hätte auf jeden Fall, bei der Bildung der Erbquoten die Absicht, die Achtzehntel auszuschalten, fallen lassen müssen, um der Gerechtigkeit Platz zu schaffen.
Er hätte es also bei dem “Königsweg der 18” und damit der Nennung der Achtzehntel belassen sollen. Hier liegt ja seine mathematische Leistung und der Schwerpunkt des Rätsels und nicht bei der Tarnung.
Und diese Leistung wäre bereits gut getarnt gewesen: durch die verschwiegene Notwendigkeit des 18. Kamels und das zurückbehaltene 1/18.

Mit den 18 Achtzehnteln wäre die Ebene der kleinsten Bausteine (Quanten) erreicht gewesen, und der Vater hätte seine 17 Achtzehntel der 18er-Herde mit einer ganzen Reihe von Möglichkeiten verteilen können:
z.B. den genannten 6/18 + 6/18 + 5/18 mit Erbquoten von 1/3 + 1/3 + 5/18, was auch der Gerechtigkeit genügt hätte.
Die drei Söhne hätten sich auch dabei sehr anstrengen müssen, jedenfalls mehr als alle Analysten bisher, die den Weg der mittelbaren Teilung von Primzahlen verkannt haben und immer noch verkennen.
Der Vater hätte im Übrigen auch weitere Erbquoten – bei der Erhöhung der Teilungszahl 18 – bestimmen können: dann hätte der Derwisch mit mehreren Kamelen erscheinen und diese nach der Erbteilung wieder mitnehmen müssen.

Die letzte Rückzugslinie für den Vater wäre die Teilung der Primzahl 17 durch sich selbst und die Bildung von 17 Siebzehnteln gewesen:
Erbquoten von 6/17 + 6/17 + 5/17 wären sowohl gerecht, als auch verständlich gewesen. Diese Teilung wäre auf eine Realteilung der Kamele hinaus gelaufen. Der Vater wollte sie aber nicht, weil er so die Söhne nicht hätte herausfordern können.

Was bedeuten diese Erkenntnisse für das Rätsel der 17 Kamele ?
Dieses Rätsel – wie es erzählt wird – enthält einen “Schönheitsfehler”, besser gesagt eine “faule Stelle”: Das “Gerechtigkeitsdefizit”.
Dieser Mangel wäre allerdings zum Glück leicht zu beheben, und die Erzählung könnte ansonsten bleiben, wie sie ist:

  • entweder wird ein Satz eingefügt, der die Benachteiligung des dritten Sohnes begründet, oder besser:
  • die Erbquoten des Vaters (1/2 + 1/3 + 1/9) werden ersetzt durch gerechtere Erbteile z.B. 1/3 + 1/3 + 5/18.
    Das wäre in transparenteren Quanten:
    6/18 + 6/18 + 5/18.

Was lehrt uns das Rätsel der 17 Kamele ?

Ich meine, wir können – auch aus einer nicht erfolgreichen Erbteilung – vieles lernen:

  • Es ist hilfreich, ein Problem aus mehreren Perspektiven zu betrachten.
  • Primzahlen sind – entgegen allgemeiner Meinung – ganzzahlig teilbar.
    Der einfachste Weg ist die Teilung der Primzahl durch sich selbst.
    Man bleibt dabei allerdings im Bann der Primzahl, z.B. der Siebzehntel: 9/17 + 6/17+ 2/17 = 17/17.
  • Will man diesem Bann entkommen, wofür es Gründe geben kann, dann hilft die Idee des Vaters: die mittelbare Teilung der Primzahl über eine höhere Nicht-Primzahl. Man erreicht damit
    den Bereich der höherwertigen Brüche (wie 1/2, 1/3, 1/9).
  • Beide Gedankenwege führen direkt auf die “Quantenebene”: die kleinsten Bausteine unserer Zahlen, aus denen viele Verbindungen (z.B. Erbquoten) geschaffen werden können.
    Teilungsprobleme, Gerechtigkeitsprobleme, Verständnisprobleme gibt es hier nicht.
  • Wir sollten über die Welt der Quanten hinter den Zahlen nachdenken: z.B. über den Übergang von der “Bruchrechnung” (Division) auf die “Quantenrechnung” (Addition).
  • Vielleicht sollten wir überhaupt mehr in Quanten als z.B. in Brüchen denken und kommunizieren: die Quantensicht ist transparenter.
    Sehen Erbquoten von 6/18 + 6/18 + 5/18 nicht viel gerechter aus als solche von 1/3 + 1/3 + 5/18 ?
  • Wenn wir eine Zahl teilen, teilen wir nicht die Zahl, sondern ihre Quanten. Denn bei der Teilung erlischt die Zahl, ihre Quanten werden frei und bilden neue Zahlen: So werden in dem Rätsel aus der Zahl 17 die Zahlen 9 und 6 und 2.
Werner Maier

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